Corona - ein Gedankenexperiment

[Christoph Hueck:]  Machen wir einmal ein kleines Gedankenexperiment. Angenommen, es stellt sich in einem halben Jahr unumstößlich eindeutig heraus, dass Corona wirklich nicht schlimmer als eine schlimmere Influenza war (immer mehr Studien zeigen schon jetzt, dass das Verhältnis von Toten zu tatsächlich Infizierten - die infection-fatality-rate IFR - wie bei einer schweren Influenza bei ca. 0,2% liegt[1]). Angenommen, die Wissenschaft demonstriert unzweifelhaft, dass Kinder das Virus kaum übertragen (in welcher Richtung sich jüngst auch Prof. Hendrik Streeck äußerte[2]). Angenommen, die Black-Lives-Matter Demos führen zu keinen nennenswerten Ausbrüchen. Und angenommen, dass es trotz einiger lokaler Ausbrüche nirgendwo auf der Welt zu einer „zweiten Welle“ kommt, obwohl die Länder ihre Restriktionen und auch die Maskenpflicht nach und nach aufheben (wie z.B. Österreich[3], das uns in diesem Fall ein gutes Beispiel sein könnte). Angenommen, der Corona-Impfstoff kommt nicht oder funktioniert nur sehr eingeschränkt, wie es jüngst auch Prof. Oliver Keppler vom Max von Pettenkofer-Institut (LMU München) angemerkt hat.[4] Und angenommen, die Wirtschaft springt nicht wie ein JoJo zurück auf 100, sondern fällt weiter ab, der Export geht zurück, Löhne und Gehälter schrumpfen, die Arbeitslosenzahlen steigen, etc. – Was werden die Verantwortlichen aus Politik und Wissenschaft dann sagen?

Die deutsche Regierung wird sagen: Wir haben es richtig gemacht, denn wir haben sehr wenige Tote. Die britische Regierung wird sagen: Wir haben es richtig gemacht, denn wir hätten sonst noch viel mehr Tote. Die französische Regierung wird sagen: Wir haben es richtig gemacht, denn wir konnten nicht anders. Die italienische Regierung wird sagen: Wir haben es spät, aber richtig gemacht. Und Donald Trump wird sagen… - Die paar Wissenschaftler, deren falsche Kalkulationen kräftig zu dem ganzen Schlammassel beigetragen haben, werden uns in weiteren Nature- und Science-Artikeln vorrechnen, wie viele Millionen von Leben wir gerettet und wie gut die Lockdown-Maßnahmen funktioniert haben. Und die Mainstream-Medien werden immer und immer wiederholen: Wir haben es richtig gemacht, richtig gemacht, richtig ge..

Und was werden SIE sagen?

 

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Kommentare: 6
  • #1

    Hugo Habicht (Donnerstag, 11 Juni 2020 23:42)

    Ich würde in diesem Fall zu meinen beiden Söhnen sagen, dass es mir unendlich Leid tut, dass meine Generation nicht in der Lage war, dieses Fiasko zu verhindern und wir zum ggf. "notwendigen alten" noch einen "unnötigen neuen" Schuldenberg oben drauf gepackt haben.
    Dass ich es einfach nicht verstehen kann, dass die Mehrzahl von uns Deutschen mal wieder an vorderster Front einer nationalen oder sogar globalen "Unheilswelle" stramm standen und meine Söhne als nachfolgende Generation dafür wieder mal zu Unrecht von vielen Völkern dieses Planeten gehasst werden.
    Ich würde ihnen ferner den Rat geben, dass sie - sollte unsere Demokratie das überleben - auf demokratischem Weg dafür sorgen sollen, dass NIEMALS wieder einzelne Menschen aus Politik und Wirtschaft derart viel Geld, Macht und Einfluss auf sich vereinen dürfen, dass kollektiv, gleichzeitig und größtenteils sogar mit Ankündigung fatale Fehlentscheidungen im Handstreich getroffen und umgesetzt werden können.
    Und dass nicht dieselben Menschen, welche uns an den Rand des wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, rechtlichen, gesundheitlichen und kulturellen Abgrundes geführt haben, diejenigen sein sollen, die uns durch die anschließende Zeit der Prüfung und der Dunkelheit hindurch führen.
    Diese P(l)andemie hat das Potential die Welt unserer Kinder regelrecht "aufzufressen" ... eine vielleicht sogar zwei verlorene Generationen könnten uns bevor stehen.
    So ... und morgen früh geh' ich raus in die Natur und pflanze einen Baum mit ihnen ❤️

  • #2

    Anette Däuble (Freitag, 12 Juni 2020 14:50)

    Ich werde dann allen, die mich heute angreifen und als was auch immer beschimpfen und beschimpft haben, ganz klar sagen. Hört auf zu Jammern und tragt das Elend mit, wer die Augen geschlossen und die Ohren taub macht, weil es bequemer ist, der hat gefälligt auch im Elend seinen Mund zu halten.

  • #3

    Johann Stephan (Dienstag, 16 Juni 2020 20:22)

    Zur Einordnung der genannten Quellen:
    Die von swprs genannten Links spiegeln nicht den Stand der Wissenschaft wider - sondern in etwa das Gegenteil... Es werden nur Studien ausgewählt, die wissenschaftlich gravierende Mängel aufweisen - und dabei zu massiv nach unten verzerrten Ergebnissen der IFR kommen: Bei der Santa-Clara-Studie wurden z.B. die Teilnehmer über Facebook rekrutiert, was offensichtlich überhaupt nicht repräsentativ ist, sondern (wie aus anderen Untersuchungen bekannt ist) dazu führt, dass sich vor allem Menschen melden, die vorher Symptome hatten (also wahrscheinlicher infiziert waren) und jetzt wissen wollen ob sie immun sind. Zudem wurden sehr ungenaue und schlecht validierte Schnelltests verwendet, von denen man weiß, dass sie viele falsch-positive Ergebnisse liefern. Ähnliches gilt für andere Studien aus den USA. In den weiteren Studien ist ebenfalls entweder die gefundene Prävalenz (Anteil der Antikörperträger) ähnlich niedrig wie die Falsch-Positivenrate des Tests (was bedeutet, dass wohl ein großer Teil des Ergebnisses auf einem Testfehler beruht), die offiziellen Daten sind offensichtlich gefälscht (Iran) oder die Gruppe der Coronatoten ist so extrem klein (Gangelt), dass der Fehler auf die Sterberate (IFR) um ein Vielfaches größer ist (zudem ist diese Studie unvollständig, da sich die Zahl der Verstorbenen inzwischen "um mindestens 14% erhöht hat"). Wenn man die IFR all dieser Studien auf New York City übertragen würde, dann müssten schon mehr Menschen dort infiziert sein, als die Stadt überhaupt Einwohner hat...
    Dass der auch auf swprs (und allgemein oft in alternativen Kreisen) zitierte Herr Ioannidis sich ebenfalls genau auf nur diese/solche Studien bezieht, an denen er teilweise auch beteiligt war, spricht für sich (bzw. gegen ihn):

    Denn tatsächlich gibt es aktuell auch Antikörper-Stichprobenuntersuchungen mit besserer Repräsentativität, sehr viel größeren Populationen und einer Prävalenz, die deutlich über der möglichen Falsch-Positivenrate des/der verwendeten Tests liegt: Am besten ist aktuell wohl die Studie aus Spanien, wo über 60.000 Menschen repräsentativ ausgewählt und mit verschiedenen Antikörpertests (zur zusätzlichen Validierung) getestet wurden: Insgesamt zeigten 5%, entsprechend 2,3 Mio. Spaniern Antikörper (siehe 1,2), davon waren offiziell etwa 27.000 (3) und insgesamt (Übersterblichkeit) wohl 43.000-49.000 (4) durch das neue Virus gestorben: IFR rund 2%*. Eine gröbere aber aufgrund der hohen Prävalenz wichtige Untersuchung stammt aus New York City, wo von einer 15.000 Personen-Stichprobe 20% Antikörper zeigten (konsistent mit anderen Untersuchungen), entsprechend 1,7 Mio. New Yorkern (5), von denen ca. 19.000 offiziell und wohl 24.000-25.000 insgesamt (Übersterblichkeit) durch das Virus gestorben waren (6): IFR etwa 1,5%. Und in Stockholm, wo in KW 18 7,3% = 71.100 Antikörper zeigten (7) und davon offiziell(!) über 1600 gestorben waren (8), woraus eine IFR von 2,3% folgt. Und da sind noch nicht alle Coronatoten erfasst (Übersterblichkeit lag deutlich höher), da Schweden kaum bzw. zu spät getestet hat.
    Auf Grundlage der Ergebnisse einer Studie des Imperial Collage könnte auch in Deutschland die IFR (ohne Übersterblichkeit) bei ca. 1,25 liegen (9). Und die Übersterblichkeitsstatistiken vom Peak Anfang April (zusätzlich +30-70%) deuten darauf hin, dass es auch in Deutschland eine relevante Dunkelziffer bei den Todesfällen gab und diese Zahl somit auch deutlich höher liegen könnte.

    In ähnlicher Weise kann man wissenschaftlich begründen, dass sich sehr wohl ohne Maßnahmen 50-60 Mio. Deutsche infizieren würden (Durchseuchungsformel = 1-1/R0, verschiedene isolierte Populationen mit über 80% Infiziertenanteil zeigen, dass es keine (relevante) Hintergrundimmunität gibt). Die Zahl der Toten bei einer IFR von 1-2% kann sich dann jeder ausrechnen. Und darunter werden dann auch sehr viele Menschen mit einer noch jahrzehntelangen Lebenserwartung sein (10). Die gefundenen häufigeren Vorerkrankungen schränken die Lebenserwartung dabei nicht sehr stark ein (selbe Quelle). Und auch Überlebende können gravierende Langzeitschäden erleiden.

    *Dass die Übersterblichkeit nicht an den Maßnahmen gegen das Virus liegt, kann man in Ländern sehen, in denen es extrem scharfe Maßnahmen (inklusive Ausgangssperren), aber weniger Coronafälle gab, wo sogar in der Folge eher eine Untersterblichkeit zu sehen war (Österreich, Griechenland, Ungarn, Irland etc.). Da auch in Spanien und anderen Ländern in der Zeit vor und nach dem Corona-Peak eine Untersterblichkeit zu finden war (warmer Winter, Maßnahmen, Jahreszeit etc.), kann man vermuten, dass die Übersterblichkeitsstatistik die IFR sogar noch unterschätzt.

    (Nummerierte Quellen im nächsten Kommentar)

  • #4

    Johann Stephan (Dienstag, 16 Juni 2020 20:27)

    Weitere Bemerkungen:

    Und es gab/gibt schon in vielen Ländern eine zweite Welle: Iran, Saudi-Arabien, Ukraine, Bulgarien, Türkei, Japan, Singapur etc. Auch in Deutschland ist die Ansteckungsrate seit den Lockerungen bereits wieder um 30-40% gestiegen. Nur ein kleiner weiterer Anstieg (auf nachhaltig über 1) und die Neuinfektionszahlen steigen wieder.
    Die Maskenpflicht bleibt auch in Österreich in allen Räumen mit engen Kontakten (ÖPNV, Frisör und überall, wo sonst der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann) und im Gesundheitsbereich (Apotheke, Pflege, Krankenhaus) bestehen. Draußen galt sie in Deutschland sowieso nie.
    Und die Wirtschaft bricht vor allem wegen der globalen Pandemie ein - nicht wegen unseren Maßnahmen dagegen. Das hat sogar Frau Wagenknecht öffentlich anerkannt. Und die ist (mir) nicht für ihre ständige In-Schutz-Nahme der Regierung bekannt...

    Als studierter Molekularbiologe und Physiker (Statistik) schaue ich mir immer die verschiedenen Aspekte und Sichtweisen zu einer Frage an. Natürlich gibt es bei so einem Thema immer eine Unsicherheit bei einigen Parametern. Bestimmte Grundlagen und Zusammenhänge gelten aber allgemein. Und wenn man sich dann objektiv und rational-wissenschaftlich mit einer Grundkenntnis in den relevanten Fachgebieten die verfügbaren Studien ansieht, dann kann man die Unsicherheit doch einigermaßen eingrenzen und bestimmte Ausreißer, die es immer gibt, entsprechend einordnen. Auf dieser Grundlage kann man dann diskutieren und gerne auch unterschiedlicher Meinung sein �

    Quellen (zum vorherigen Kommentar):
    (1) https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/112865/Etwa-fuenf-Prozent-der-Spanier-haben-COVID-19-Antikoerper
    (2) https://www.mscbs.gob.es/gabinetePrensa/notaPrensa/pdf/ENE-C140520115618104.pdf
    (3) https://www.mscbs.gob.es/en/profesionales/saludPublica/ccayes/alertasActual/nCov-China/documentos/Actualizacion_103_COVID-19.pdf
    (4) https://momo.isciii.es/public/momo/dashboard/momo_dashboard.html#nacional
    (5) https://www.governor.ny.gov/news/amid-ongoing-covid-19-pandemic-governor-cuomo-announces-results-completed-antibody-testing
    (6) https://www.cdc.gov/mmwr/volumes/69/wr/mm6919e5.htm?s_cid=mm6919e5_X
    (7) https://www.folkhalsomyndigheten.se/nyheter-och-press/nyhetsarkiv/2020/maj/forsta-resultaten-fran-pagaende-undersokning-av-antikroppar-for-covid-19-virus/ Übersetzung z.B. mit Chrome direkt im Browser möglich
    (8) https://experience.arcgis.com/experience/09f821667ce64bf7be6f9f87457ed9aa
    (9) https://www.nature.com/articles/s41586-020-2405-7_reference.pdf
    (10) https://wellcomeopenresearch.org/articles/5-75/v1

  • #5

    Uwe Mörschel (Donnerstag, 18 Juni 2020 17:58)

    Als ein von Denkanwendern und Bequemlichkeitsdenkern titulierter "Verschwörungstheoretiker" (VT) entsteht mir wieder mal die Frage, wer denn die "Verschwörungspraktiker" (VP) sind.

    Für gewöhnlich werden doch die Praktiker als die Anpacker und Gestalter bezeichnet. Genau das geschieht derzeit weltweit.
    Solche weltweit agierenden VP , wollen die nicht Zufall und Hindernisse planvoll ausschließen? Strategische Planung mit zielorientiertem Handeln ist sowohl im wirtschaftlichen und erst recht im militärischem Bereich die Basis. Das Ziel von deren Planung und Praxis, das soll nicht erkannt werden. Somit sehe ich die Notwendigkeit einer individuellen Urteilsbildung aus dem Erkennen heraus. Zweifelsohne liegt diesem eine Theorie oder besser Erkenntniswissenschaft zugrunde, eine die Wahrheitsstreben erwirklichen will.
    Solche Menschen aber, die sind allen Denkanwendern und VP im Weg. Allerdings sehe ich nur darin den Weg aus dem Zerfall in die Barbarei.

  • #6

    Matthias Bideau (Samstag, 04 Juli 2020 15:53)

    Gegenwärtig wird eine Auseinandersetzung um das Vorherrschen einer Präventivmedizingeführt gegen die individuellen und persönlichen Konzepte der Gesundheitsförderung (Salutogenese).
    Prävention fragt: Was macht krank?
    Gesundheitsförderung arbeitet mit dem Wissen, was gesund hält.
    Ein ähnlicher Streit wurde zu Beginn der 1980er Jahre ausgefochten mit der Gesundheitsbewegung. Während der Berliner Gesundheitstage, die alljährlich stattfanden, war damals ein Graffity an einer Berliner Hauswand zu lesen:
    Am Abgrund ist Vorbeugen schlechter als Heilen!