Wie viele Leben haben wir gerettet?

[Andreas Neider:]  Das Internetportal von T-Online übertrifft sich mal wieder selbst mit dem Eigenlob der staatlichen Corona-Maßnahmen und dem Obrigkeitsgehorsam der Deutschen:

„‘Ich denke, kein anderes menschliches Unterfangen hat jemals in so kurzer Zeit so viele Leben gerettet.‘ Lesen Sie den Satz ruhig noch ein zweites Mal. Es lohnt sich, weil es ein besonders erfreulicher ist. Gesagt hat ihn Solomon Hsiang. Sie kennen den Mann womöglich nicht, aber Hsiang ist ein Studienleiter von der US-Universität im kalifornischen Berkeley. Mit seinem Team hat er herausgefunden, dass bis zum 6. April die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie rund 530 Millionen Infektionen allein in sechs Ländern verhindert haben.

Erschienen ist die Studie im Magazin "Nature" – genau wie eine Analyse von Forschern vom Imperial College London. Die hat ergeben, dass der großangelegte Lockdown samt Grenzschließungen, Kontaktsperren und Schulschließungen allein in elf europäischen Ländern bis Anfang Mai etwa 3,1 Millionen Todesfälle verhindert hat. 

Die Zahlen sind natürlich mit äußerster Vorsicht zu genießen und Schwankungen unterworfen, trotzdem zeigen sie: Wir haben alle Leben gerettet, in Europa und in Deutschland. Die Bundesregierung hat Leben gerettet, die Bundesländer, die Kanzlerin, die Mahner wie Virologe Christian Drosten oder SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Auch Sie persönlich haben Leben gerettet, indem Sie sich an die teilweise schmerzhaften Schutzmaßnahmen gehalten haben. Darauf können wir alle gemeinsam stolz sein."[1] 

Was sind wir doch für ein tolles Volk! Aber man lese sich diese Sätze angesichts ihres Wirklichkeitsgehalts tatsächlich nochmals genau durch:

„Auch Sie persönlich haben Leben gerettet, indem Sie sich an die teilweise schmerzhaften Schutzmaßnahmen gehalten haben!“

Ach ja? Ich war doch gar nicht infiziert, wen hätte ich denn da anstecken und gefährden oder gar ums Leben bringen sollen? Meine Nachbarn vielleicht? Aber die sind doch alle viel jünger als ich, und kleine Kinder gibt es bei uns auch noch im Haus, die kriegen aber COVID-19 gar nicht.

Und alte Menschen in Pflegeheimen hätte ich doch gar nicht besuchen können, die vielleicht hätten sterben können, wenn ich sie angesteckt hätte, denn die waren eh eingesperrt und isoliert. Naja und infiziert war ich ja auch gar nicht.

Wessen Leben also hätte ich denn dann gerettet, indem ich zu Hause geblieben bin? Mein eigenes vielleicht? Ja, das ist jeden Tag gefährdet, wenn ich über die Straße gehe, mehr als durch das vermeintlich tödliche Virus wahrscheinlich.

Was sagt uns diese Logik von T-Online dann also: Wenn wir zu Hause bleiben und uns nur noch digital verständigen, dann sind wir alle am sichersten! Besonders die Kinder, die nicht mehr zu Schule gehen, die sich in Wirklichkeit aber gar nicht anstecken bzw. ernsthaft an COVID-19 erkranken können!

Ja tatsächlich, mit solcher Logik versucht uns T-Online, die Firma, die uns mit dem Internet versorgt, davon zu überzeugen, wie gut und richtig es ist, sich nur noch digital zu verständigen.

Karl Lauterbach übrigens, dieser SPD-Politiker und Epidemiologe, beklagt auf Twitter schon seit Wochen, dass zu wenig getan werde, um digitalen Unterricht und hochwertiges Homeschooling vorzubereiten. Noch immer gebe es viele Schulen, die bloß auf das Ende der Pandemie und das Signal „alles wie früher“ warteten – das aber nicht kommen werde. Dabei gehe wertvolle Zeit verloren. Die Sommerferien müssten genutzt werden, um die Technik und modernes Unterrichtsmaterial vorzubereiten, fordert er. Lehrer müssten in der Zeit in der nötigen digitalen Technik geschult werden. Allen Familien mit Kindern müsse schnelle Netzgeschwindigkeit und Hardware garantiert werden.[2] 

Nun, dafür könnte T-Online sicherlich sorgen, wenn da nur nicht die Eltern und Lehrer wären, die ihre Kinder nicht so gerne am Bildschirm sitzen sehen, sondern sich lieber selbst um ihre Kinder kümmern und sie persönlich unterrichten, weil ihnen das irgendwie menschlicher erscheint.

Was sagt uns bei alledem also unser gesunder Menschenverstand?

Die in den oben zitierten  Computersimulationen hoch gerechneten Zahlen dürfen uns nicht darüber hinweg täuschen, dass wir unser aller Leben nur dann retten werden, wenn wir uns auf unser eigentliches Menschsein besinnen. Und das besteht nun einmal nicht in der Getrenntheit von anderen Menschen und unserer natürlichen Umwelt, sondern in der Verbundenheit damit. Digitale Verbindungen trennen uns von der Welt, weshalb wir dann, wenn wir nur noch diese nutzen würden, auch niemanden mehr anstecken könnten. Das Problem daran wäre nur, dass wir dann an Kontaktlosigkeit und Einsamkeit zugrunde gehen und letztlich auch sterben würden.

Leben hervorbringen und erhalten geht also nur, wenn wir in Verbindung bleiben, und das gilt nicht nur im seelischen und geistigen Sinne, sondern, wenn wir an den Vorgang der Zeugung denken, auch im physischen Sinne.

Der gesunde Menschenverstand sagt uns also das Gegenteil von dem, was T-Online uns weiß machen will: Indem wir Beziehungen schaffen, zur geistigen Welt, zu anderen Menschen und zur Natur, retten wir Leben und bringen sogar neues Leben hervor!

Und wie viele Leben haben Sie nun gerettet?                                          

Andreas Neider

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Benjamin Wagner (Freitag, 12 Juni 2020 14:46)

    Lieber Herr Neider,

    ein sehr klarer Kommentar. Diese Meldung hat mich auch interessiert. Erstaunlich ist auch, dass die Verhinderung von Toten ja nur durch Maßnahmen der Kontaktreduktion, also einem Nicht-Tun, eingetroffen sein sollen. Diese negative Kausalität läßt sich offenbar sehr gut quantifizieren. Während bei offensichtlicher Kausalität der Maßnahmen zu den sog. Sekundär-Schäden propagandistisch verkündet wird, dass sich dies nicht quantifizieren lasse, da es zu viele Variablen gäbe... (was vermutlich sachlich richtig ist)
    Folgt eben ganz dem "Corona-Narrativ"